EuGH: Urlaubsansprüche können nur verfallen oder verjähren, wenn der Arbeitgeber Hinweise gegeben hat

Haben Sie in den letzten Jahren nicht alle Urlaubstage genommen? Ihre Ansprüche könnten weiterhin bestehen:
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Zuge eines Vorabentscheidungsverfahren am 22.09.2022 festgelegt, dass Ansprüche auf Urlaub nur nach einem Hinweis durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer verjähren können. Ohne diesen Hinweis können diese Ansprüche auch noch nach mehr als 3 Jahren, zeitlich grundsätzlich unbeschränkt, geltend gemacht werden.
Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat in den letzten 10 Jahren jeweils 2 Urlaubstage nicht genommen. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer weder auf den Urlaub noch auf den möglichen Verfall am 31.03. des Folgejahres hingewiesen. Bisher galten diese Urlaubstage als verfallen, jedenfalls als verjährt. Nach der neuen Rechtslage können die Urlaubstage grundsätzlich weiterhin geltend gemacht werden.
Das Urlaubsrecht in Deutschland hat durch Entscheidungen des EuGH in den letzten Jahren erhebliche Änderungen erfahren. Das Gericht betont seit Langem, dass der Anspruch der Arbeitnehmer auf Erholungsurlaub als „wesentlicher Grundsatz des Sozialrechts der Union zwingenden Charakter“ hat und daher Einschränkungen hieran grundsätzlich unzulässig sind.
Im Jahr 2019 hat der EuGH entschieden, dass zwar Regelungen in Arbeitsverträgen zulässig sein können, nach denen Urlaubsansprüche aus dem Vorjahr am 31.03. des Folgejahres verfallen. Ein solcher Verfall sei jedoch nur zulässig, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme und auch des Verfalls von Urlaub ausdrücklich hingewiesen hat.
Sofern ein solcher Hinweis unterblieben war, stellte sich konsequenter Weise die Frage, ob der Urlaubsanspruch verjähren kann, sprich, ob er am Ende des dritten Jahres nach Entstehen des Anspruches nicht mehr geltend gemacht werden kann. Auch diese Frage hat der EuGH verneint: Ein Arbeitgeber, der seine Hinweispflichten verletzt hat, dürfe nicht belohnt werden, indem letztendlich die Urlaubsansprüche verjähren.
Haben Sie in den letzten Jahre Urlaubstage nicht genommen oder wurde Ihnen dieser am 31.03. „gestrichen“? Kontaktieren Sie mich gern telefonisch oder per E-Mail oder über das Kontaktformular. Meine Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Arbeitsrecht (Arbeitnehmer/Arbeitgeber) sowie Handels- und Gesellschaftsrecht. Ich berate meine Mandanten im gesamten Bundesgebiet, gerichtlich und außergerichtlich.